Inzwischen ist das Lektorat zu Verschwörung im Zeughaus größtenteils abgeschlossen. Lediglich das Nachwort muss noch einmal überarbeitet werden, aber da es sich dabei nur um etwa zwei Seiten handelt, dürfte sich der Aufwand in Grenzen halten.

Wie versprochen werde ich euch aber noch erzählen, was mich in der zweiten Hälfte des Manuskripts in Form von Anmerkungen und Änderungsvorschlägen meiner Lektorin erwartet hat.

Zunächst einmal hatte ich ein kleines Problem mit dem zeitlichen Ablauf. Das war in der ersten Hälfte schon so und hat sich dementsprechend über das gesamte Manuskript fortgesetzt. Grund dafür ist, dass ich zum ersten Mal keine Zeitleiste für die Ereignisse benutzt hatte, also eine Auflistung der Ereignisse nach Tagen (und ggf. Stunden). Diese lege ich normalerweise vor Beginn der Arbeit am Manuskript an und fülle sie dann während des Schreibens mit Daten, sobald wieder eine Zeitangabe im Text vorkommt. Warum ich diesmal darauf verzichtet habe, weiß ich, ehrlich gesagt, selbst nicht. Faulheit? Aber wie man sieht, kann das zu Problemen führen, also wird beim nächsten Manuskript wieder eine Zeitleiste angelegt.
Ich muss allerdings dazu sagen, dass das Problem sich ganz einfach lösen ließ, indem ich die gesamte Handlung der zweiten Manuskripthälfte um einen Tag nach hinten verschoben habe. Unterm Strich waren das drei oder vier kleine Textstellen, an denen ein, zwei Wörter geändert wurden, und schon stimmte die Zeitabfolge wieder.
Wozu dann der ganze Aufwand mit einer Zeitleiste, fragt ihr euch? Nun, in diesem Fall ließ sich der Fehler leicht beheben, aber bei komplizierteren, ineinander verwobenen Handlungssträngen oder Romanen, in denen mit Rückblenden gearbeitet wird, kann so ein Fehler rasch in Chaos ausarten. Deshalb ist es doch sehr sinnvoll, IMMER mit einer Zeitleiste zu arbeiten.

Der Großteil des Lektorats beinhaltete, wie schon in der ersten Hälfte, kleinere Änderungsvorschläge wie Wortersetzungen oder Satzumstellungen. Nichts Wildes also. Da ihr euch sicherlich dafür interessiert, wie sich ein Text durch solche Änderungen wandelt, habe ich zwei Passagen herausgesucht, anhand derer ihr die Veränderungen sehen könnt. Leider sind es nur kurze Abschnitte, denn ich darf ja nicht zu viel von der Handlung schon vorab veröffentlichen.

Beispiel 1

Vorher:

Während Adelina die Zutaten für eine Lungenarznei im Mörser vermahlte, schlich sich ein ungeheuerlicher Gedanke in ihren Kopf. Gab es vielleicht einen geheimen Grund dafür, dass Tilmann vorgab, zynisch und missbilligend auf sie herabzusehen? Einer seiner Zornausbrüche glich dem Brüllen eines Löwen, konnte eine wenig gefestigte Person durchaus umwehen. Doch weder Adelina noch Mira gaben ihm gegenüber gern klein bei. Selbstverständlich brachte ihn das noch mehr auf, doch tat er wirklich etwas dagegen? Wirklich rabiat war er Adelina gegenüber noch nie geworden, auch hatte er ihr nie den Mund verboten, und wenn, dann hatte sie sich nicht daran gehalten. Konsequenzen hatte das nie gehabt. Auch Mira gegenüber bestand seinerseits immer heftige Gewittergefahr, aber auch sie war bisher immer glimpflich davon gekommen.

Nachher:

Während Adelina nun die Zutaten für eine Lungenarznei im Mörser vermahlte, schlich sich ein ungeheuerlicher Gedanke in ihren Kopf. Gab es vielleicht einen Grund dafür, dass Tilmann so oft vorgab, zynisch und missbilligend auf sie alle herabzusehen? Seine Zornausbrüche glichen dem Brüllen eines Löwen und konnten eine wenig gefestigte Person durchaus umwehen. Doch weder Adelina noch Mira gaben ihm gegenüber gern klein bei. Selbstverständlich brachte ihn das noch mehr auf, doch was dann? Wirklich rabiat war er Adelina gegenüber noch nie geworden. Auch Mira gegenüber bestand immer die Gefahr, dass er sie zornig angriff, aber auch sie war bisher am Ende immer glimpflich davon gekommen.

Hier wurden Füllwörter gestrichen und der eine oder andere Ausdruck ersetzt. Einige Stellen hat meine Lektorin ganz gestrichen, wodurch der Text straffer und runder wirkt.

Beispiel 2 (mit eingefügten Anmerkungen meiner Lektorin)

Vorher:

»Ihr könntet Euch wirklich ein bisschen dankbarer zeigen«, fauchte Mira und drückte Tilmann nicht gerade sanft eine Schale mit Eintopf und einen Kanten frisches Brot in die Hände. »Kaum betrete ich den Raum, schnauzt Ihr mich an. Dabei tue ich doch nun wirklich nichts Unrechtes – im Gegenteil! Ich bemühe mich, Euch zu helfen, wo ich kann.«
(…)
Ihm blieb nicht viel anderes übrig, als ihrem Rat zu folgen. Während er schweigend aß, beobachtete er die junge Apothekengesellin unauffällig aus dem Augenwinkel. ((Jetzt folgt erst die Erklärung auf meine Frage oben, das ist ein bisschen ungeschickt. Bitte das Kursive nach oben schieben … Dann müsste aber Ludmillas letzte Bemerkung oben auch geändert/gestrichen werden. Das Problem mit dem Abendessen bleibt. Vielleicht kann man einfach streichen, dass Mira und Tilmann zusammen essen – Gesellschaft leisten reicht ja.)) Da Neklas an ein Krankenlager gerufen worden war und sich Adelina sich tatsächlich wieder um ihren Haushalt und die Apotheke musste, hatte sich Mira sich bereit erklärt, ihm Tilmann Gesellschaft zu leisten. Adelina hatte ihr Angebot dankbar angenommen. , denn auch die Mägde waren entweder in der Küche oder mit den Kindern beschäftigt, Ludowig ebenfalls bei der Arbeit und Ludmilla bereits wieder auf dem Weg durch die Stadt, um ihre Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken.

Nachher:

»Ihr könntet Euch wirklich ein bisschen dankbarer zeigen«, fauchte Mira und drückte Tilmann nicht gerade sanft eine Schale mit süßem Hirsebrei in die Hände. »Kaum betrete ich den Raum, schnauzt Ihr mich an. Dabei tue ich doch nun wirklich nichts Unrechtes – im Gegenteil! Ich bemühe mich, Euch zu helfen, wo ich kann. Frau Adelina muss sich um die Apotheke kümmern, der Magister ist bei einem Krankenbesuch.« Sie hob die Schultern. „Ich habe angeboten, Euch Gesellschaft zu leisten und dachte, dass Euch der Brei, den Franziska für Vitus gemacht hat, vielleicht auch schmeckt. Doch Ihr habt nichts Besseres zu tun, als Eure schlechte Laune an mir auszulassen.«

Hier handelt es sich, wie ihr an den Auslassungspunkten oben seht, um eine längere Passage, aus der ich euch nur die relevanten Stellen herauskopiert habe. Die im ersten Teil von meiner Lektorin erwähnte Erklärung (hier kursiv gesetzt, im Manuskript war sie grün) habe ich gestrichen und dafür in den Dialog eingearbeitet. Dadurch wird der Ablauf deutlicher und besser verständlich. Allerdings habe ich das Essen dann doch daringelassen, jedoch aus dem ursprünglichen Eintopf einen Hirsebrei gemacht, was wiederum mit der zeitlichen Abfolge zu tun hatte.

Natürlich sind um der Straffung der Handlung willen auch wieder ein paar Textstellen ganz gestrichen worden. Zum Beispiel diese hier:

Auch wenn er nach wie vor kein sehr inniges Verhältnis zu Adelina pflegte, war sie ihm doch mittlerweile an Herz gewachsen. Ihre tatkräftige, stets hilfsbereite Art ließ ihm auch kaum eine andere Wahl. Natürlich gerieten sie oft in Streit – er musste zugeben, dass dies zumeist auf die ruppige Art zurückzuführen war, mit der er ihr gewöhnlich begegnete. Er behandelte sie nicht absichtlich unfreundlich, vielmehr war es ihm zur zweiten Natur geworden, sie herauszufordern. Wenn er ehrlich mit sich wäre, müsste er zugeben, dass ihm die Wortgefechte mit ihr gefielen. Sie steckte selten zurück, behielt gerne das letzte Wort – der Jungfer, die ihm gegenübersaß nicht unähnlich.

Und auch folgende Passage ist rausgeflogen, weil sie von den gerade dramatischen Ereignissen zu sehr abgelenkt hat:

Angefangen hatte es mit Franziska, die nach dem Tod ihrer Mutter und durch die Trunksucht ihres Vaters auf der Straße aufgewachsen war. Adelina hatte sie auf Drängen von Neklas als Magd eingestellt. Einige Zeit später war ihr dann ein zerrupfter Hund in einer Gewitternacht zugelaufen, den sie bei sich aufgenommen hatte.
Sie hatte Ludmilla aus dem Gefängnis befreien können und gesundgepflegt, weil die alte Frau sonst an den Folgen der Folter gestorben wäre. Auch Griet war im Grunde genommen ein solches Fundstück. Neklas hatte sie von einer Reise in seine Heimatstadt Kortrijk mitgebracht, nachdem er erfahren hatte, dass sie seine leibliche Tochter und ihre Mutter verstorben war.

Und schlussendlich gab es auch eine Stelle, an der ich noch etwas hinzufügen sollte. Im Manuskript sah das folgendermaßen aus:

Schon Augenblicke später öffnete sich die Küchentür, und Mira trat ein, ((Das Folgende ist eine spektakuläre Entwicklung – mehr Dramatik!!!)) gefolgt von Griet und Thönnes Overstolz. Zuletzt erschien auch Georg Reese.

Allerdings werde ich euch hier nicht verraten, was genau ich dem Text hinzugefügt habe. Wenn ihr das erfahren wollt, müsst ihr euch noch bis zum Erscheinungstermin im Juli gedulden. ;-)


Verschwörung im Zeughaus
Historischer Roman
Petra Schier
Rowohlt-Taschenbuch
352 Seiten
ISBN 978-3-49925922-7
Preis: 9.99 Euro
Erscheint am 1. Juli 2013
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Alle Infos zum Buch

Teil 1 der Einblicke ins Lektorat von Verschwörung im Zeughaus. 

Falls Ihr Fragen zum Thema Lektorat haben solltet, scheut euch bitte nicht, sie mir unten in den Kommentaren zu stellen. Soweit es mir möglich ist, werde ich sie gerne beantworten. Auch dürft ihr mir gerne – wenn ihr selbst Autor/Autorin seid, eure Erfahrungen mit Lektoraten schildern.

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